Sämlingspfropfungen auf Pereskiopsis

  • Hallo zusammen!

    Da im „alten“ Forum stark über das Thema Sämlingspfropfung gefachsimpelt wurde möchte ich dieses Thema auch im neuen Forum einführen.

    Durch die Sämlingspfropfung gelangt man schneller an blühfähige Pflanzen, in unserem falle Hybriden.

    Hier möchte ich die meiner Meinung nach beste Unterlage dafür vorstellen.

    Pereskiopsis: Die Pereskiopsis gehört zur Gruppe der Opuntiengewächse, wächst stammförmig und hat pro Areole ein deutliches Blatt. Die Areolen sind mit Stacheln besetzt welche Widerhaken haben.
    Je nach Haltung sind die Blätter dünn (Kunstlicht) oder dickfleischig (Gewächshaus und Freilandhaltung). Je dickfleischiger die Blätter desto größer ist der Stamdurchmesser und desto größer ist die Bestachelung.

    Eine sehr leicht zu vermehrende und rasch wachsende Pfropfunterlage die für manche Sämlinge zu viel schiebt und sie zum Teil unförmig werden lässt. Wenn man die Unterlage zu sehr treibt zerreist es manche Sämlinge förmlich.
    Die meisten Kreuzungen wachsen jedoch ganz normal. Bei manchen Kreuzungen sind einzelne dabei die unförmig wachsen.

    Ich halte meine Sämlingspfropfungen auf P. die ganze Wachstumsperiode über bei voller Sonne und im stehenden Wasser. Habe mir dazu innen an der Gewächshauswand eine Art Regenrinne welche horizontal ausgerichtet und beidseitig verschlossen ist angebracht.

    Vermehrung: 10 cm lange Stecklinge werden mit einem scharfen Messer, Rasiermesser eignen sich dazu besonders gut, vom Vermehrungsstumpf geschnitten.
    Die Schnittstelle wird mit Bewurzelungspulver behandelt, die unteren 3cm von den Blättern befreit und bei Seite gelegt.
    Nach ein paar Stunden topfe ich ihn in einen 5cm Topf ein. Ich verwende 50% humoses und 50% mineralisches Substratgemisch. Damit habe ich die besten Erfahrungen gemacht.
    Mit Regenwasser wird von unten her angestaut.
    Am nächsten Tag haben sich schon die ersten Wurzeln gebildet.
    Sobald der Steckling anfängt zu wachsen ist er bereit zum pfropfen.

    Der Pfropfvorgang bei mir:
    Pereskiopsis brauchen eine sehr hohe Luftfeuchtigkeit damit der Pfröpfling mit der Unterlage verwachsen kann. Da ich schon ab dem erscheinen der ersten Stacheln pfropfe habe ich mir kleine Röhrchen gemacht. Dafür habe ich einen dicken durchsichtigen Strohhalm in verschieden lange teile geschnitten und mit einem Locheisen aus einem Mauspad kleine Pfropfen gestanzt. Diese werden in eine Seite gesteckt und verhindern das die warme gestaute Luft und die Luftfeuchtigkeit entweicht.

    Weiters ist eine Mindesttemperatur von 20°C nötig. Je höher desto besser. Zimmertemperatur reicht aber aus.
    Vor dem Pfropfen ist noch Wichtig das die Unterlage gut im Wuchs ist aber 3-4 Tage vorher nicht mehr gegossen werden darf.
    Die Feuchtigkeitsprüfung mache ich mit einem Zahnstocher. Sobald er ganz trocken bleibt ist es soweit.

    Ich stelle die eingetopfte Pereskiopsis auf einen sauberen Untergrund. Gepfropft wird etwa 3cm unterlab von Austriebspunkt. Einen cm drunter und darüber entferne ich durch abdrehen die Blätter.

    Nun wird der Sämling ausgesucht und der Topf mit dem dazugehörigen Stecketikett versehen.
    Ich reinige mit einem breiten aber feinen Pinsel den Sämling vom anhaftenden Substrat.
    Die Unterlage wird sauber geschnitten und ich halte den Sämling in der linken Hand zwischen Zeigefinger und Daumen so dass ich die Wurzeln sehen kann.
    Mit dem Rasiermesser schneide ich kurz über dem Wurzelansatz und setze ihn auf die Unterlage. Dabei ist unbedingt zu beachten dass der Leitbündelring bei der P. weit außen ist.
    Der Sämling hat aber erst einen Leitbündelpunkt. Somit darf der Sämling versetzt aufgesetzt werden.
    Je kleiner der Sämling ist desto leichter vertrocknet er.

    Mit der einen Hand halte ich die Unterlage und mit der anderen drücke ich den Sämling vorsichtig auf die Unterlage. Nach ein paar Sekunden hält er darauf und ich stelle die Pfropfung ins Terrarium zu den anderen. Nun stülpe ich vorsichtig mein Röhrchen darüber und neble im ganzen Terrarium.
    Somit ist eine sehr hohe Luftfeuchtigkeit was der P. sehr gut tut.
    Der beste Tageszeitpunkt ist der Morgen da sich das Terrarium gut erwärmt.

    Nach 2 tagen gieße ich voll an und beobachte täglich ob der Pfröpfling sich verändert oder nicht.
    Sobald er rot anläuft wirs sich bald auch Wachstum zeigen. Nun kann normal gegossen werden.
    Falls sich nichts tut, der Pfröpfling aber fest darauf sitzt, einfach mit den anderen mitpflegen.
    Dann haben sich die Leiterbahnen nicht richtig getroffen. Es genügt aber dass der Pfröpfling versorgt wird und nicht verkümmert. Es kann bis zu einem Jahr dauern aber die Leiterbahnen werden zu einander finden und der Pfröpfling wird munter wachsen.
    Früher habe ich Pfropfungen die nach ein paar Wochen keinen Zuwachs gezeigt haben wieder abgeschnitten und die Unterlage als Vermehrungsstumpf genutzt.
    Da ich von einer meiner Meinung nach besonders guten Kreuzung alle nicht angewachsenen Sämlingspfropfungen aufgehoben habe hatte ich das Glück und alle zeigten nach etwa einem halben Jahr richtigen Zuwachs.:psb22:

    Sobald ein Durchmesser von 1-2cm erreicht ist können sie vollsonnig im Gewächshaus gehalten werden.
    Falls man sie zu früh rausräumt läuft der Sämling rot an und das Wachstum gerät ins stocken.

    Die meisten anderen Pfropfakrobaten verwenden statt der von mir verwendeten Röhrchen normale Zimmergewächshäuser bei denen allerdings die Höhe beschränkt ist.
    Mit meiner Methode sind höhere Pfropfungen möglich.

    Weitere Pflege:
    Im Herbst sobald ein bewurzelter Pereskiopsis Steckling anfängt zu schwächeln räume ich alle meine Pereskiopsispfropfungen in den Keller und bewurzle sie neu.

    Dazu stelle ich die Pfropfung auf einen Tisch und schneide mit einer sehr scharfe Schere so dass noch etwa 2cm von der Unterlage am Pfröpfling bleiben. Mit den dadurch entstehenden Vermehrungsstümpfen der Pereskiopsis ziehe ich mir wieder Pereskiopsis zum Pfropfen im Winter heran.

    Die Schnittstelle am Pfröpfling wird wieder mit Bewurzelungspulver behandelt und nach ein paar Stunden in einen 10 cm Topf eingetopft (normales Substrat 75%mineralisch 25% humos).
    Danach staue ich einmal Regenwasser von unten her an und stelle sie unter Kunstlicht.
    Da das Volumen vom 10cm Topf recht groß ist bleibt das Substrat lange feucht.
    In ein paar tagen ist durch leichte Berührung feststellbar ob sich schon Wurzeln gebildet haben oder nicht.

    Sobald Wurzelbildung bemerkbar ist das gießen einstellen und ganz abtrocknen lassen. (Zahnstocherprüfung)

    Nun sind die so behandelten Pfröpflinge bereit zum überwintern bei den anderen Hybriden.

    Im Frühling wird normal angegossen.

    Besonders wichtig ist, egal bei welcher Unterlage, das man sich mit der Unterlage und deren Bedürfnisse auskennt.
    Übung macht dabei den Meister.

    Gruß,

  • Hallo Walter,
    gute Idee, das Thema auch im neuen Forum wieder "einzubauen". Und eine tolle detailreiche Anleitung :psb20:


    Mit Pereskiopsis-Unterlagen habe auch ich eine beeindruckende An- und Zuwachsrate festgestellt. Aber ich nutze trotzdem lieber Selenicereen, da ich bei P. immer wieder Stabilitätsprobleme habe, sobald der Pröpfling größer wird und die Sämlinge bei Selenicereen länger auf der Unterlage verbleiben können.
    Wie viele Pfofpungen machst du so im Jahr?

  • Hallo Nicole!

    Von jeder botanischen Art die ich aus Samen ziehe mache ich 2 Pfropfungen ausgenommen bei besonderen oder wo ich für jemanden anderen mitpfropfen soll. Von den Hybriden je 10Stk.
    Die restlichen Sämlinge pikiere ich.

    Bei der Auswertung meiner aufzeichnungen kam ich auf 125 erfolgreiche Pfropfungen. Die Fehlerquote lag bei 5% auf alle Pfropfungen gesehen.

    Gepfropft werden bei mir nur die kräftigsten Sämlinge.

    Die Selenicereus verwende ich auch als Unterlage. Allerdings sind die Pereskiopsis die einzigen die man das ganze Jahr über ziehen kann. Die Selenis die unter Kunstlicht wachsen sind zu dünn und halten nichts aus.
    Ich verwende daher bei den Selenis nur überwinterte und im Gewächshaus gehaltene Triebe.
    Pfropfungen auf Selenicereus brauchen eine kühle Überwinterund damit sie im nächsten Jahr gut weiter wachsen.

    Gruß,

  • Hallo Walter


    danke für die sehr ausführliche Anleitung, ist super:psb20:. Eine Frage hätte ich noch zu den Röhrchen/ Strohhalmen. Sitzen die dicht auf der Unterlage und wie gross ist der Raum oberhalb des Pfröpflings, 1cm, 2cm oder mehr. Was ist der Sinn von unterschiedlich langen Röhrchen und verwendest du diese mehrmals?


    Viele Grüsse


    Erich

  • Hallo Erich,
    ich habe zwar selbst noch nicht auf Pereskiopsis gepfropft, aber ich habe mal eine Grafik angehängt über die Vorgehensweise.
    Der Strohhalm dient dazu, den Sämling zu fixieren und die Luftfeuchtigkeit an der Schnittstelle bei 100% zu halten bis der Sämling angewachsen ist.

  • Hallo Walter und alle anderen,

    danke für die sehr gute Anleitung, aber bitte erlaubt mir ein paar Anmerkungen.

    Pfropfröhrchen bei Pereskiopsispropfungen haöte ich für überflüssig. Ich habe noch nie eines benutzt und trotzdem gute Erfolge.

    Das mit dem Dickenwachstum von Selenis unter Kunstlicht kommt auf die Lichtmenge und die Lichtemperatur an. Ich empfehle das kälteste Licht das zu bekommen ist (Lichtfarbe 880 ist prima ! ) das ergibt ein schön kompaktes Wachstum.

    Stabilitätsprobleme mit Pereskiopsispropfungen hatte ich noch nie großartig, wenn man nicht zu hoch propft sind auch 10 cm lange Pröpflinge kein Problem. Ob die umkippen kommt eher auf die Größe der Töpfchen an in denen die Pereskiopsen stehen als auf die Pereskiopsis selber.

    Viele Grüße und happy Propfing :D

    Thomas

  • Das mit dem Mauspad ist ein ungewöhnliches Material :), aaaber bestens geeignet. Nimmt man z.B. Schaumstoff kann es passieren, dass sich die Dornen der Sämlinge darin verhaken und beim abnehmen der Röhrchen den Sämling wieder herunterreisen. Selbst verwende ich abgeschnittene PET Flaschen zur Erhöhung der LF nach der Pfropfung.


    Stabilitätsprobleme gibt es eigentlich bei der Pereskiopsis keine. Wird die Triebspitze abgeschnitten, gibt es nur noch ein Dickenwachstum, und das nicht zu gering. Ich habe dieses Jahr gepfropfte Pereskiopsis gesehen, die waren etwa 60-70cm hoch und hatten einen mehr als 1cm, wohl eher schon 2cm dicken Stamm. Da fällt nix mehr um.

  • So genau weiß ich das selber nicht, aber wenn meine Pereskiopsen bei Pröpflingen ab knapp 2 cm beginnen überzuhängen und das bei anderen nicht so ist, mache ich was falsch. Bisher habe ich ca. 10cm-Stücke in einem 4cm Top zum Profpfen genommen. Ich denke, beim nächsten Mal beginne ich mal mit einem größeren Topf...

  • Sehr viel größer sind meine Töpfe anfänglich auch nicht. Nur Pflanzen, welche besonders gute Pfropfergebnisse zeigen, bekommen später einen größeren Topf, daran scheints wohl nicht zu liegen.


    Am besten ist´s, du zeigst mal ein Bild. So wie du es bisher beschreibst, kann ich mir noch keinen richtigen Reim drauf machen.

  • Oh, Bild ist grad schwierig.
    Aber stell dir einfach einen Pröpfling vor, der auf einem 10cm langen Pin von ein paar Millimeter Durchmesser sitzt. Wird der Pröpfling größer, biegt sich die Unterlage um, und er hängt zur Seite über, irgendwann fällt der ganze Topf um.


    Moment mal, wie dick wird eigentlich der Trieb einer Pereskiopsis? Meine blieben bisher immer bei max. 5mm. Vielleicht "ernte" ich die Unterlagen einfach zu früh!?

  • Was heisst "ernten"? Wenn ich Stecklinge schneide, sind diese etwa 5-10cm groß. Beim Topfen stecke ich diese bis zum Topfboden. Bevor ich diese verwende, sind sie im Normalfall auf 20cm Topfoberkante gewachsen. Da biegt sich im unteren Teil nichts mehr. Je nach Art werden die Pereskiopsis bis zu 2cm stark, entsprechende Länge vorausgesetzt. Wenn sich deine Unterlage so stark biegt, müsste dein Pfröpfling schneller wachsen, als die Unterlage verholzt.


    Ich war gerade mal im GH und habe ein Pfropfung nachgemessen. Alter ca.4Jahre, Durchmesser 8mm Pereskiopsis, 12cm hoch und darauf sitzt ein 8cm mehrköpfiger Asterias. Die Unterlage ist ein Stück Holz, da verbiegt sich nichts. Lediglich ein wenig zur Seite geneigt, aber das macht der im Winter bei 5°C so.

  • Hallo zusammen!

    Ich freue mich das das Thema Pereskiopsispfropfungen Anklang findet.

    Nicole: Lasse einmal einen Trieb der Pereskiopsis ein ganzes Jahr im Gewächshaus wachsen. Er wird sehr hoch und immer dicker. Bis zu 1,2cm Dicke in einer Wachstumsperiode habe ich 2008 schon gehabt. Der Pfröpfling war ein Gräsers Schönste x Flying Saucer welcher enorm an Größe zugelegt hat.
    Beim runterschneiden von der Unterlage im Herbst brauchte ich eine Rosenschere da die P. extrem verholzt war.

    Bezüglich meiner selbsgemachten Röhrchen habe ich ein aktuelles Foto gemacht.

    Gruß,

  • Wenn sich deine Unterlage so stark biegt, müsste dein Pfröpfling schneller wachsen, als die Unterlage verholzt.


    Ja, ich glaube, du hast mein Problem endlich in Worte fassen können. Besten Dank, mir sind einfach nicht die richtigen Wörter eingefallen.



    @ Walter: Dieser Tipp "Lasse einmal einen Trieb der Pereskiopsis ein ganzes Jahr im Gewächshaus wachsen" ist nun aber echt gemein.:psb45: ;) Ich bin ja schon froh, dass ich einen Balkon habe und jetzt musst du noch darauf herumreiten, dass ich gewächshauslos bin :D

  • Ich kann doch kein Bild machen, wenn ich zurzeit keine Pfropfung habe :D


    Bei mir muss alles im Winter ins Balkonhaus, da wirds schon mal nur 3 Grad kalt. Die Pereskiopsis-Pfröpflinge habe ich lieber runtergeschnitten, da ich nicht weiß, wieviel die Unterlage im Winter aushält. Ich habe nur eine zu Testzwecken im Winterlager, aber da komme ich grad nicht ran.


    Im Sommer stelle ich die Pfropfungen nach dem Anwachsen übrigens auf dem Balkon zu den anderen, die Luftfeuchtigkeit kann ich da nicht beeinflussen.


    Aber im Sommer komme ich nochmal darauf zurück, wenn sich das gleiche Problem wieder zeigt. Und für den Versuch der Hilfe gibts auch schon mal ein: Vielen Dank!