Bestäubung über den angeschnittenen Griffel

  • Wie bei den letzten Treffen in Regensburg schon diskutiert, gibt es Konstellationen bei denen eine klassische Bestäubung über die Narbe nicht funktioniert. Gründe dafür können unter anderem sein, dass die Blütenröhre der Mutterpflanze zu lange ist und der Pollen unterwegs verhungert/einschläft oder eine Sperre direkt auf der Narbe existiert gegen zu stark abweichende Pollen. Um das zu umgehen wurden unter anderem diskutiert ob man Narben pfropfen könnte (Versuche dazu laufen schon) oder direkt auf den Griffel zu bestäuben. Letzteres habe ich heute mal ausprobiert. Hintergrund: meine Echinopsis subdenudata haben teilweise große Probleme als Mutter den Pollen anzunehmen. Ich vermute hier eben die Lange Blütenröhre als Hindernis.


    So habe ich die Blüte auf ca 3cm eingekürzt, dann schräg angeschnitten so dass ich eine größere Schnittfläche beim Griffel habe. Dann habe ich etwas von der abgeschnitten Narbe abgenommen (Nährmedium), mit dem gewünschten Pollen vermatscht und auf den schrägen Griffel-Rest-Stummel gestrichen. Zum Schluss noch eine Tüte drüber, wegen der Luftfeuchtigkeit.

    Mal sehen ob dabei irgend etwas herauskommt.

    Versuch macht kluch...


    Hier ein paar Fotos:





  • BernhardA

    Hat den Titel des Themas von „Bestäubung auf über den angeschnittenen Griffel“ zu „Bestäubung über den angeschnittenen Griffel“ geändert.
  • Gibt es bereits Erfahrungswerte, wann der beste Zeitpunkt zu dem Experiment im Blühverlauf ist? Oder abstrakt betrachtet, wann Narben am empfänglichsten sind (ist vielleicht auf den Anschnitt gleichermaßen übertragbar)? Wenn man die Narbenauffaltung oder die Zellspannung im Verlauf beobachtet, ist das ja bei vielen Blüten recht unterschiedlich.

  • Gibt es bereits Erfahrungswerte, wann der beste Zeitpunkt zu dem Experiment im Blühverlauf ist? Oder abstrakt betrachtet, wann Narben am empfänglichsten sind (ist vielleicht auf den Anschnitt gleichermaßen übertragbar)? Wenn man die Narbenauffaltung oder die Zellspannung im Verlauf beobachtet, ist das ja bei vielen Blüten recht unterschiedlich.

    Gute Frage. Ich habe das Prozedere Mittags nach der Öffnung in der Nacht gemacht - also relativ spät.

    Ich war jetzt eher davon ausgegangen, dass das in diesem Fall nicht so relevant ist.


    Bei der Knospenbestäubung würde man ja gezielt 1, 2, 3 Tage vor Öffnung der Blüte bestäuben um die Sperre in der Narbe zu umgehen. Das ist hier ja nicht mehr relevant, da ich die Narbe ja "übersprungen" habe. Aber natürlich könnte es sein, dass es im unteren Teil des Griffels oder direkt im Fruchtknoten noch Prozesse gibt, die empfindlich auf den Zeitpunkt reagieren.

  • Du schrobest, dass das Narben-Gematsche als Nährmedium gedacht sei. Darf ich fragen, welche Erkenntnis dem zugrundeliegt? Einerseits möge man Pollen so dröge wie möglich einlagern, anderseits kann es nach der Begattung wohl nicht (luft)feucht genug sein. Ich verdächtige diese Matsch-Melange als Infektionsherd, die ich - zumindest fallweise - auch mal weglassen würde und die Griffel-Schnittstelle einfach nur mit reinem Pollen panieren würde. Es kommt ja ohnehin nur auf "die paar Pollenkörner" direkt auf der Schnittfläche an, vielleicht liegt es auch grundsätzlich an der keimbegünstigenden luftfeuchten Atmosphäre unter den Tüten? Alternativ Sprühpflaster nach der Bestäubung, vielleicht auch erst eine / x Stunde(n) später?

  • Hallo Tim,

    das mit dem Nährmedium hatte ich im Gespräch mit AM irgendwie so aufgeschnappt, dass der Pollen erst mal irgend ein Trigger-Medium braucht zum Keimen. Das macht er entweder auf der feuchten Oberfläche auf der Narbe oder auf einem anderen geeigneten Medium (von dem ich keine Ahnung habe). Hier geht es ja um wenige Stunden in denen der Pollen zum Fruchtknoten "wandern" muss. Von daher bin ich mir nicht sicher ob hier so schnell Infektionen eine Rolle spielen.

    So kam ich auf die Idee mit der Narbenmatsche. Aber in der Tat habe ich auch schon überlegt das einfach mal ohne Matsche zu probieren.

    Die aktuell stabilste Frucht von diesen 4 Versuchen scheint übrigens die zu sein, bei der ich sehr knapp geschnitten habe, also fast auf dem Fruchtknoten gelandet bin.


    Das mit der Tüte: auch das stammt von Gesprächen, die ich in Regensburg aufgeschnappt habe, dass manche Mitglieder extra die Wege nach der Bestäubung wässern um die Luftfeuchtigkeit zu steigern. Auch dies soll die Keimung der Pollen verbessern. Ich habe die Tüten nach 24h entfernt. Ja, ggf hätte ich das früher machen sollen - so nach 4 Stunden.


    Für die nächsten Versuche würde ich nun versuchen noch knapper zu schneiden und außerdem nochmal ohne Matsche und einmal eine Matsche die nur aus der Oberfläche der Narbe besteht, also nicht mehr die komplette Narbe sondern nur bißchen abschaben.


    Gruß Bernhard

  • Hi Bernhard, if you want to test the method, you should use a pollen that has highest chance of giving results, otherwise you will face the doubt: has it failed because the technique is not valid or because of the pollen?

    Hallo Matteo,

    Yes, you are probably right here.
    Next time I will take that into account.

  • Trigger-Medium (Enzym ? Katalysator ? hormonelles Molekül? Einlasskontrolle?) ist interessant.


    • Ist es auf der Narbe vorhanden – bildet es sich erst in Kontakt mit Pollen? Dann braucht es evtl. unzerstörte Zellen.
    • Aktiviert es den Pollen und/oder öffnet den Prozess zum Einwachsen?
    • Verbindet sich mit der Substanz eine Kompatibilitätskontrolle?

    Es gibt mehr Fragen dazu.


    Rein experimentell ohne Hintergrundwissen dazu sehe ich als 1. Schritt:

    Pflanze mit mehreren gleichzeitigen Blüten – bekommen Pollen der bekanntermaßen ein akzeptierter Bestäuber ist.

    Klassische Bestäubung auf unveränderter Blüte (= Kontrollblüte)


    Auf weiteren Blüten Versuche mit und ohne Narbengewebe im Anschnitt der Blüten. Sind genug Blüten vorhanden, können Variationen im Anschnittbereich getestet werden.


    Dieser Versuch sollte zeigen, auf welchem Weg die Bestäubung unter Umgehung der Narbe grundsätzlich möglich ist. Danach kann mit erfolgreichen Methoden aus dem ersten Schritt mit Pollen experimentiert werden, der bei der klassischen Bestäubung erfolglos bleibt.


    Ist der Gedanke grundsätzlich richtig oder gibt es bessere Möglichkeiten?

  • So, hier ein kurzes trauriges Update: heute mittag ist die letzte der vier Blüten abgefallen. Also zurück auf Los.

    Was haben wir gelernt? Zumindest mal haben wir Ideen gesammelt und eine zentrale Idee ist die von Matteo und Hans-Jürgen: möglichst nur einen unsicheren oder veränderten Parameter verwenden, da man ansonsten nicht genau weiss, was die Ursache für das Scheitern war.


    Gerne würde ich hier dieses Jahr noch Tests in diese Richtung machen. Da bei mir jedoch erst mal 2 Wochen Urlaub anstehen und außerdem nicht mehr so viel blüht muss ich das vermutlich auf nächstes Jahr verschieben.


    Wer Interesse hat ein bißchen zu experimentieren, den möchte ich hiermit einladen mit in das Thema einzusteigen.

    Schnappt euch eine Blüte, die garantiert noch nicht bestäubt wurde (z.B. in die Wohnung holen am Abend) und schneidet die Blüte im unteren Drittel schräg ab und packt mal Pollen von einer ähnlichen Hybride drauf. Gerne einmal mit Narbenmatsch und bei einer zweiten Blüte einfach Pollen pur.


    Bei irgend einem hier in der Runde muss das doch klappen! 8)


    Gruß Bernhard

  • ...möglichst nur einen unsicheren oder veränderten Parameter verwenden, da man ansonsten nicht genau weiss, was die Ursache für das Scheitern war.

    Ganz klar, zumal man nicht einmal dann wirklich weiß, woran es gelegen hat. Z.B. winteriana x Supergelb hat bei mir 5x mal nicht funktioniert und dann plötzlich doch.


    Ich habe früher ähnliche Versuche wie Du gemacht, aber nicht schräg und wohl noch tiefer geschnitten, auch ohne Tüte oder anderem Aufwand, aber ohne Erfolg. Auch ist mir einmal eine Blüte (301?) oberhalb des Knotens abgebrochen und ich wollte sie noch unbedingt nutzen und habe dann die Bruchstelle ordenlich vollgestaubt - klar, ohne Erfolg. Allerdings habe ich das nicht weiter vertieft, so dass ich nicht weiß, ob die Befruchtung auf normalem Wege funktioniert hätte.


    An das Gespräch mit AMor zur Luftfeuchtigkeit erinnere ich mich übrigens auch, in welchem er seinerseits die Bestäubungen gegen frühen Abend vornahm und zusätzlich den Mittlelweg im GWH nass gemacht hat. Warum die feuchtere Luft nach seiner Erklärung die Chancen dann erhöhen soll kann ich allerdings nicht mehr rekonstruieren...


    Nun, vielleicht finden wir bis nächstes Jahr eine zuverlässige "Referenzkreuzung" zum experimentieren.


    Liebe Grüße,

    Tim

  • Habe beim Lesen gerade über Luftfeuchtigkeit und das was Andreas dazu sagte nachgedacht. Umgesetzt habe ich den Gedanken etwa so, dass ich die bestäubten Blüten direckt nach der Pollengabe mit ein paar Atemzügen anhauche. Das ist zwar nur kurzfristige Luftfeuchte, aber fein und intensiv. Wann es am wichtigsten wäre weiß ich damit noch nicht. In der Wohnung ist ja eher trockene Luft vorhanden.

    Der Gedanke warum ich hier schreibe, ist ein anderer. Wäre es sinnvoll, den Griffel waagrecht mit desinfiziertem Skalpell abzuschneiden, horizontal einzuschneiden, mittig den Pollen möglichst steril aufbringen und dann mit Wollfaden, Tesafilm oder aufgeschnittenem Gummiring wieder zusammenfügen?


    Die schräge Schnittstelle von Bernhards Fotos trocknet ja schnell ab. Damit verringert sich das einerseits das Infektionsrisiko. Mögliche Einwachsgeschwindigkeit des Pollenschlauch bzw der Start dazu erfordert wahrscheinlich Bedingungen, die im Anschnitt anders als auf der Narbe sind. Vielleicht sind Versuche mit mehreren ähnlichen Versionenen nebeneinander interessant. Auch vom Schräganschnitt eine weitere schräge Scheibe abschneiden, Pollen auftragen und die Scheibe wieder auflegen. So bleibt die Schnittfläche des Griffels vergrößert und hat mehr Ebenen als beim reinen Vertikalschnitt und bleibt ebenfalls zunächst saftig.

  • Guten Morgen,


    ich hatte ja im August als hier die letzten Beiträge waren auch mal ausprobiert, ob das mit dem bestäuben der abgeschnittenen Blüten funktioniert. Ich habe sie nur schräg abgeschnittenen und dann den Pollen direkt auf die Schnittstelle aufgebracht. Die Schnittstellen habe ich so waagerecht wie möglich gesetzt, so dass der Pollen da auch liegen bleibt und nicht runterfällt. Danach habe ich einen Streifen Frischhaltefolie (mit der produktionsbedingt sterilen Innenseite) richtig anliegend auf die Schnittstelle gebunden.
    Die Blüten waren aber schon teilweise geöffnet, so dass ich leider nicht komplett ausschließen kann, dass da nicht doch schon vorher etwas passiert ist. Deswegen hatte ich das hier auch nicht geschrieben. Von den drei Versuchsblüten haben sich an zwei Blüten Früchte gebildet.
    Hier ist die eine, die ich grad im Gewächshaus auf die Schnelle gefunden habe.


    Als neulich August der Starke geblüht hat, habe ich direkt nach dem Foto die Blüte abgeschnitten (die halten sich übrigens in der Vase im Vergleich zu an der Pflanze blühend wirklich erstaunlich lang) und Pollen von Gymno Mihanovichii, bei dem das Prozedere Anfang November schief gegangen ist, weil ich die Blüte zu weit unten abgeschnittenen hatte, aufgebracht. So weit so gut.


    Hier der Gymno, bei den ich zu tief abgeschnittenen hatte.


    Ich habe eigentlich nicht erwartet, dass da irgendwas passiert. War ja schon echt ambitioniert. Aber das sieht jetzt tatsächlich so aus:


    Was meint ihr, könnte das etwa wirklich was werden?


    Viele Grüße,

    Katja

  • Hallo Katja,

    sehr interessant und Glückwunsch. Ich drücke dir die Daumen, dass dein Experiment zu keimfäigen Samen führt und die Sämlinge die Bestäubung bestätigen.


    Ich habe es am 4. September mit Tr. pachanoi probiert. Den Griffel hätte ich noch stärker angeschrägt schneiden sollen, damit die ovale Fläche größer wird. Zur Abdeckung und als Schutz gegen Austrocknung habe ich einen Abschnitt des Griffels aufgelegt. Pollen hatte ich von der Schwester der Dessau verwendet. Blütenrest mit Fruchknoten fielen nach etwa 1 Woche leider ab.


       


  • Danke und: Erstmal abwarten! Ich glaube das erst, wenn die gekeimten Samen nach irgendwas zwischen den vermuteten Eltern aussehen.


    Dein Versuch ist auch gut, aber vielleicht trocknet der abgeschnittene Griffel so doch zu schnell? Selbst unter der Frischhaltefolie ist die Oberfläche nach einem Tag oder so schon richtig trocken.


    Viele Grüße,

    Katja

  • Mit dem Austausch über Methoden werden sich optimale Wege finden.

    Mein Gedanke dabei war die Annahme, das der Pollen, wenn er aktiv einwachsen will, innerhalb von Stunden auf dem Weg in Richtung Ovarium ist. Aber mein Schritt war auch nur ein Versuch - und ohne Logik. Zunächst muss es mit nachweislich kompatiblem Pollen bestätigt sein, dass der Weg grundsätzlich funktioniert.

    Gerade deswegen drücke ich dir die Daumen zum Gelingen und Sämlinge die diese Eltern bestätigen.